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Erlebtes und Erzähltes vom Priegl-Quartett
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Musik für ein Volkstanzfest
Keine Angst, ich verrate den Veranstalter dieses Festes nicht.
Aber es hätte jeder sein können, damals, in meiner
Jugendzeit. Es war ein eher
kleines Tanzfest in Wien, die Spielmusik Priegl spielte auf. Für meinen Vater
hieß dies, frühzeitig loszufahren, er hatte ja den anderen Musikanten
versprochen, sie abzuholen. Die vier waren dann pünktlich eineinhalb Stunden
vor Beginn da, wegen Stell- und Tonproben. Auch die Tanzgruppe verlangte eine
Probe der Pauseneinlage. Diese Probe dauerte etwas zu lang, die Tänzer waren
bereits zum Auftanz gestellt, das Fest begann - aber auch der Durst, besonders
für meinen Vater mit der Klarinette. Die beiden Kellnerinnen hatten den Saal
unter sich aufgeteilt, für die Musikanten auf der Bühne war keine zuständig.
Nach energischem Auftreten des Geigers Bastel kam während der Tanzvorführungen
in der ersten Pause das erste Getränk für die Musik - während die gerade
nicht beschäftigten Tänzer speisten. Dann forderten die Tänzer wieder die
Musik zum Spiel auf, verlangten Tanz und Tanz, auch Draufgaben, und Hans Priegl,
gutmütig, wie er war, spielte und spielte. In der zweiten Pause wurde gesungen,
die Musikanten hätten essen dürfen - leider war alles ausverkauft. Sie bekamen
dafür gratis ein zweites Getränk. Im Schlusskreis wurde der Musik für ihren
Idealismus gedankt, mit tosendem Applaus. Es gab dann auch eine kleine
Bezahlung, mit saurer Miene und raunzenden Worten, da das Fest ohnedies ein
Defizit wäre. Mein Vater spendete daher seinen Anteil für die Vereinskasse,
lud seine drei Kollegen ins Auto und brachte jeden nach Hause. Selbst daheim
angekommen, plünderte er endlich seinen Kühlschrank, nach neun Stunden harter
Arbeit.
Musizieren auf einem Tanzfest ist auch harte Arbeit, obwohl es
sehr viel Freude machen kann, wenn die Anerkennung nicht fehlt. Derart
gedankenlos nützt heute wohl kein Tanzleiter seine Spielleute aus, ich habe
allerdings auch selbst noch so einiges Ähnliches erlebt, darum glaube ich Vater
diese Geschichte aufs Wort.
Mein Vater besaß als Baumeister und Großfamilien-Oberhaupt
keinen PKW. Jeden Samstag, wenn in der Fuhrmannsgasse Volkstanz war, legte Vater
alte Matratzen auf die Pritsche seines kleinen, dreirädrigen Baustellen-LKW und lud ihn mit uns jungem Volk
voll. In den Jahren 1954 bis 1964 fuhr er regelmäßig zu seinem Freund Hans
Priegl musizieren, bis zu 20 begeisterte
Tänzer aus Klosterneuburg stopfte er in diesen LKW unter die Plane, später auch
in seinen Kombi-Neunsitzer. Eine derartige Überbelegung von dermaßen kleinen Autos war natürlich auch damals streng verboten, ein Polizist hätte
ihn nicht erwischen dürfen, hat ihn auch nie erwischt. Aber wir waren es
zufrieden, sparten uns so das Geld für Autobus und Straßenbahn und waren noch
schneller, meist sogar pünktlich beim geliebten Tanz. Nach dem Tanz gingen wir
häufig in ein nahegelegenes Gasthaus in der Florianigasse, und dort wurde es
spät. Da fuhren die meisten dann doch lieber mit den Öffis nach Hause.
Aus dieser Zeit stammt ein heiteres
Gedicht, verfasst von meinem Vater für die Hochzeit meiner Cousine Dorit. Ein
mehrere Seiten langes Gedicht, wie mein Vater etliche geschrieben hat für
diverse Familienfeste. Ein Absatz dieses Werkes beschreibt die Fahrt zum
Volkstanz:
Doch auch zu andern schönen Reisen
ließ ich mich mit dem Wagen weisen.
Am Samstag stets um halber acht, da ward die Fahrt nach Wien gemacht.
Beim Volkstanz in der Fuhrmannsgassn tat ich die Klarinette blasen.
Genußvoll und mit Zungenschnalzer als Auftakt z'erscht an "Offnen
Walzer".
Die Dorit tanzte wie der Wind, der Zwiefache war ihr nia z'gschwind.
Und dauerte der Abend länger, zur Not a no der Fürizwänger.
Und dann, beim Hamfahr'n, dieser Krach, in halbert Wien werd'n d'Leut glei wach.
Ein Aufschrei erst, ein Quietscher jetzt, und selbst der Wachmann hört entsetzt
noch aus des Dreiradlers Bewegung der Dorit ihre Lärmerregung.
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