Musikant

Ein Musikant

Wer oder was ist das? Eine Diskussion:

Jeder, der Volksmusik spielt, möchte gern Musikant genannt werden, und möchte sich damit abgrenzen gegen Orchestermusiker und ähnliche Leute, abgrenzen meist auch gegen volkstümliche Schlagermusik. Manche fühlen sich sogar als etwas besseres, sie sind keine "Musiker", sondern eben "Musikanten". Kaum jemand weiß aber, was das Wort "Musikant" und das davon abgeleitete Eigenschaftswort "musikantisch" eigentlich bedeutet.

Laut Duden ist es ganz einfach: "Musikant - ein Musiker, der zum Tanz oder dergleichen aufspielt"

Diese trockene Erklärung ist vielen Leuten zu wenig. Sie wird weiter ausgeschmückt. Im Internet (https://volxmusik.de) gab es Anfang 2003 eine angeregte Diskussion.

Da schreibt etwa Max Beer

Ich habe mir eine eigene Erklärung der Begriffe "Musikant" und "Musiker" zurechtgelegt.
Ein "Musiker" ist für mich ein Musiktreibender, der sich überwiegend hinter dem Notenständer und vor einem Dirigenten betätigt, zum Beispiel in einem Symphonieorchester (das ist ein kommunales Statussymbol, ab einer bestimmten Größe mit Steuergeldern subventioniert). Ein Musiker bewegt sich meistens in der sogenannten E-Musik, die als Krone der (Kultur-)Schöpfung betrachtet wird.
Ein "Musikant" dagegen pflegt (auch) das freie Zusammenspiel mit gleichgesinnten, hängt nicht an den Noten und kann jederzeit mit seiner Zuhörerschaft in Verbindung treten. Wichtig ist für mich auch Spontaneität und immer wieder heraustreten aus der evtl. vorhandenen Musizier-/Gesangsgruppe.

Walter Säckl schreibt

Ein Musiker ist für mich jemand, der sein Instrument beherrscht, perfekt von Noten spielen kann, den Instruktionen eines Dirigenten peinlich genau folgen kann; jemand, der ein Stück, sooft er es spielt, mit der gleichen Perfektion immer gleich spielt, der aber mit der Musik, die er spielt nicht verwurzelt ist - sie nur wiedergibt".
Ein Musikant ist für mich jemand, der sein Instrument vielleicht "nur" autodidaktisch gelernt hat, es gar nicht so perfekt beherrschen muss, vielleicht gar keine Noten kennt, einem Dirigenten vielleicht gar nicht folgen könnte, der aber die Musik, die er spielt, "im Blut" hat, sie im Unterbewusstsein verankert hat, weil er damit aufgewachsen ist. Ein Musikant spielt im Gegensatz zu einem Musiker ein Stück immer anders, von der jeweiligen Umgebung, seiner momentanen Stimmung, der Stimmung seines Publikums und der jeweiligen Situation abhängig. Er gibt "seine" Musik nicht wieder, sondern er bringt sie zum Ausdruck

Thomas Walker schreibt dagegen

Musikant - ein Musiker, der zum Tanz oder dergleichen aufspielt
Musikanten sind also eine Gruppierung, die in derer der Musiker eine Untergruppe bilden.
Jede andere Erklärung ist in den Begriff hineininterpretiert und spiegelt nur das Selbstverständnis des Erklärenden wieder, ist also nicht objektiv.

Mario Herger schreibt zum Begriff "musikantisch"

Unter "musikantisch" verstehe ich (als Tanzmusikant), dass man nicht einfach was herunterleiert, sondert Akzentuierungen und Punktierungen macht, die es dem Tänzer erlauben, sozusagen aus der Musik zu erkennen, welchen Schritt oder welche Schrittart er tun muss. Wenn er "hatschen" soll, dann muss die Musik an der richtigen Stelle schleifen. Wenn er "bouncen" (wippen) soll, dann muss es auch die Musik ihm vormachen.
Ebenso geht musikantische Musik auf den Zuhörer und Tänzer ein. Er passt sich an. Nicht wie in einem klassischen Konzert, wo der Dirigent unabhängig vom Publikum dem Orchester dirigiert und "seine" Akzentuierungen setzt, versucht der musikantische Musikant mit seinem Publikum einerseits zu spielen, andererseits ihm aber auch zu folgen. Wenn die Topporzer Kreuzpolka gar so viel Spaß macht, dann variiere ich die Geschwindigkeit, indem ich langsam schneller werde, um dann nach einigen Durchgängen Steigerung wieder unvermittelt langsam zu werden und alle "foppen" und wieder langsam steigern. Und beim Klatschen gehe ich dann einfach in eine Polka über oder anderes.
Detto der nicht zum Tanz aufspielende Musikant.
Was nicht musikantisch ist, ist ein Heruntergeleier, dieser einheitliche Brei. Ich kannte das von einigen Zitherspielern, aber auch von einer Akkordeonistin. Das war einfach ein gleichbleibender Geräuschteppich, und letztendlich konnte man die Melodie nicht erkennen. So als ob der am Instrument sitzende Musikant gerade verstorben wäre und eine Mechanik weiterspielt.

Klaus Karl sagt im Interview auf www.renesenn.de

Ich unterscheide eigentlich sehr streng zwischen „Musiker“ und „Musikant“. Der „Musiker“ spielt immer richtig und der „Musikant“ spielt immer besser, je besser er gelaunt ist.
Der Musikant hat natürlich auch die Tendenz zur „Blödlerei“ und wehe, das wird ihm beschnitten, dann ist er keiner mehr. Die Gefahr ist, wenn dies andere nachspielen und als Volksmusik empfinden und nicht als „Blödlerei“.

Willi Resetaritsch meint im Rundfunk dazu:

Musikant ist für mich die Steigerung von Musiker, einer, der mit Herz musiziert.

Meine Zusammenfassung dazu ist

Ich gehe von der Duden-Erklärung aus:  "Musikant - ein Musiker, der zum Tanz oder dergleichen aufspielt" und definiere noch das Wort "dergleichen" etwas genauer. Dann heißt es: ein Musiker, der zum Tanz oder zu geselliger Unterhaltung aufspielt.

Ich meine damit, jeder Musiker, der die Zuhörer zu Bewegung bringt oder gar zwingt, zum Mitklatschen, zum Mitsingen, zum Zehenwippen, zum Tanzen, zu irgend etwas aktivem, ist Musikant.

Und derartiges Spiel, das den Zuhörer zu Bewegung sozusagen zwingt, ist tänzerisches, musikantisches Spiel.

Und nach dieser Definition ist Reinhard Mey ein Musikant.

Weitere Informationen über musikantisches Spiel finden Sie auf meinen Seiten "Volksmusik", in meiner "Online-Musikantenschulung" und auf vielen anderen meiner Seiten.

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